Sibirien
Figurentheater Wilde & Vogel [Leipzig]
Die landschaftliche Grenzenlosigkeit Sibiriens, seine Leere, seine Kälte und vermeintliche Lebensfeindlichkeit wird zur Metapher, und diese zum Gegenkonzept westlicher Konsumwelt. In der Einsamkeit, im inneren Sibirien, beginnt das Unberechenbare. Dort, wo es jeder mit sich selbst zu tun bekommt, wo nichts ablenkt, bekommen Lebensfragen besondere Dringlichkeit. Womit verbringen wir unsere Zeit? Was erhalten wir aufrecht, wenn niemand uns beobachtet? Wonach sehnen wir uns? Was überfällt uns in der Leere?
Inspiriert von eigenen Reiseerlebnissen und Dichtern mit „Sibirien-Erfahrung“ entstand im Sommer 2015 ein musikalisches Universum, in dem mit Fäden, Fragmenten und Figuren die menschliche Existenz befragt wird. Eine Theater-Expedition, die sich mit Einsamkeit und Leere, aber auch mit individueller sowie politischer Aggression befasst und letztlich in der zwischenmenschlichen Beziehung Hoffnungsschimmer aufscheinen lässt. Welch unwirklich großes Glück ausgerechnet dort, im gefühlten Sibirien, jemanden zu treffen, mit dem man teilen kann, was man erkennt, was man fürchtet und was man liebt.
Frei nach Ossip Mandelstam geht dieses Spiel über sein Ende hinaus:
Nur noch Sterben – und dann noch: der Sprung auf das Pferd.
»›Sibirien‹ entstand 2015 nach acht Jahren ohne Duo und damit vielen künstlerischen Begegnungen. Eine davon: die Reise zum Puppentheater ›Gulliwer‹ in Kurgan, Westsibirien, wo wir mit dem dortigen Ensemble nach einem Workshop eine Inszenierung erarbeiteten. Der kurze sibirische Frühling, in dem die winzigsten grünen Spitzen unbändige Vorfreude auslösen, eine vor allem durch fehlende Schönheit inspirierende Stadt, die unvorstellbare Größe des Landes, all das verband sich zu einer Idee für eine Inszenierung, in der es um Einsamkeit und die vorsichtige Hoffnung auf Liebe geht. Christiane Zanger, unsere Regisseurin, brachte Texte von Inger Christensen und Ossip Mandelstam ein, die diese sehr persönliche Arbeit auf poetische Füße stellen.«
Charlotte Wilde
„… Was für ein Kontrast dazu die entfesselten, anarchischen Künstler, die überall wildern (Schauspiel, Tanz, Installation, Musik, Design), sich um keine Deutungshoheit scheren, den Irrsinn illustrieren, in ihren überbordenden Laboratorien des Empfindens, Scheiterns und Triumphierens über die lauen Tatsachen: (…) am Rand des Fassbaren balancierend wie ‚Wilde & Vogel‘, die zu kakophonischem Stimmen- und Töne-Sound mit Figuren-Fragmenten, dürr wie Giacometti-Skulpturen, von der Einsamkeit Sibiriens erzählen.“
Bernd Noack in den Erlanger Nachrichten, über die Aufführung im Rahmen des Internationalen Figurentheater Festivals 2017 Erlangen Fürth Nürnberg Schwabach
- Regie Christiane Zanger
- Spiel, Bühne und Figuren Michael Vogel
- Live-Musik Charlotte Wilde
- Dramaturgie Maria Koch
In Koproduktion mit dem FITZ! Stuttgart und dem Westflügel Leipzig